Revolution von 1848/49
Text: Fabian Frommelt
Nachdem im Februar 1848 in Paris Proteste und Strassenkämpfe den Sturz des Königs und die Ausrufung der Republik erzwungen hatten, griff die Revolution im März auf Deutschland und weitere Teile Europas über. Ende März ordnete die deutsche Bundesversammlung die Abhaltung allgemeiner Wahlen zur Bildung einer Nationalversammlung an, welche am 18. Mai zusammentrat. Nach langen Debatten verabschiedete sie am 27. März 1849 eine «Reichsverfassung» – aber mit der Ablehnung der darin vorgesehenen deutschen Kaiserwürde durch den preussischen König Friedrich Wilhelm IV. scheiterte auch das Verfassungsprojekt. Rasch siegte nun die Reaktion. Im Juni 1849 wurde das von Frankfurt nach Stuttgart geflohene «Rumpfparlament» aufgelöst, der Deutsche Bund 1850 wiederbelebt.
Für Liechtenstein war die Revolution eine zweischneidige Angelegenheit: Auch hier forderte man eine Landesverfassung mit Grundrechten, eine Volksvertretung, die Beteiligung an der Regierungsausübung und die Abschaffung der verbliebenen Feudallasten. Das zentrale Revolutionsziel eines deutschen Nationalstaats aber gefährdete die liechtensteinische Eigenständigkeit. So warnte der im Mai als Abgeordneter nach Frankfurt entsandte Peter Kaiser in seinem Rücktrittsschreiben vom November 1848 seine Landsleute, dass «die kleinen deutschen Staaten [den] größern einverleibt werden» sollten und dass nur durch Mut und Selbstvertrauen, durch Ruhe und Gesetzmässigkeit und durch die Erfüllung aller Pflichten «unsere Selbständigkeit erhalten» werden könne.
Trotz ihres Scheiterns war die Revolution für Liechtenstein wie für Deutschland ein bedeutender Schritt in der demokratischen Entwicklung: Erstmals erhielt das Land mit den «konstitutionellen Übergangsbestimmungen» vom 7. März 1849 eine freiheitliche Verfassung, und mit dem am 20. Mai 1849 in freier Wahl bestimmten «Landrat» tagte bis Februar 1850 ein erstes liechtensteinisches Parlament. Auch wenn Liechtenstein mit dem «Reaktionserlass» von 1852 ebenfalls zu den vormaligen Verfassungsverhältnissen zurückkehrte, hallte die Erfahrung von 1848/49 in den Verfassungen von 1862 und 1921 nach – und damit bis heute.
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Abbildung: Die Frankfurter Paulskirche, der Tagungsort der deutschen Nationalversammlung, im Jahr 1848. Aquarell von Jean Nicolas Ventadour (Historisches Museum Frankfurt, Wikimedia Commons).