Fürst Karl von Liechtenstein und das Prager Münzkonsortium

24.01.2022 - Vor 400 Jahren
Am 18. Januar 1622 verpachtete die kaiserliche Hofkammer in Wien das landesherrliche Münzrecht in Böhmen, Mähren und Niederösterreich an ein Konsortium, das durch die Prägung minderwertiger Münzen hohe Gewinne erzielte. Die dadurch verursachte Inflation mündete 1623 in den kaiserlichen Staatsbankrott. Prominentes Mitglied des Konsortiums war Fürst Karl von Liechtenstein.

Text: Fabian Frommelt

Karl von Liechtenstein (1569–1627) hatte nach seiner Konversion zum Katholizismus eine steile Karriere in kaiserlichen Diensten gemacht und war 1608 in den Fürstenstand erhoben worden. Nach der Niederschlagung des Böhmischen Aufstands (1618–1620) wurde er am 17. Januar 1622 von Kaiser Ferdinand II. zum kaiserlichen Statthalter in Böhmen («Vizekönig») ernannt. Schon am Tag darauf, am 18. Januar, wurde mit Wissen und Willen des in Geldnot steckenden Kaisers ein streng geheimer Münzpachtvertrag geschlossen: Gegen Zahlung der immensen Pachtsumme von sechs Millionen Gulden wurde einem 16-köpfigen Konsortium während eines Jahres das Münzmonopol in Böhmen, Mähren und Niederösterreich überlassen. Unterzeichnet wurde der Vertrag vom Prager Bankier Hans de Witte für sich und seine «mitconsorten», zu denen neben Karl von Liechtenstein auch Albrecht von Wallenstein und weitere hochrangige Angehörige des kaiserlichen Hofs zählten. Der Vertrag schrieb fest, dass pro Mark Silber (etwas über 250 Gramm) 79 Gulden geprägt werden sollten, anstelle der von der Reichsmünzordnung vorgesehenen elf Gulden. Aus dieser massiven Reduktion des Feingehalts bei gleichem Nominalwert resultierten bei rund vierzig Millionen Gulden neu geprägten Münzen hohe Gewinne – zumal der Silbergehalt sogar unter den vertraglich vereinbarten Wert gesenkt wurde.

Mit diesen Gewinnen erwarben Liechtenstein und weitere «consorten» Ländereien, die von den besiegten böhmischen Aufständischen konfisziert worden waren. Karl hatte selbst das Gerichtsverfahren gegen die Anführer des Aufstands geleitet und am 21. Juni 1621 den Vorsitz bei der öffentlichen Hinrichtung von 27 Rebellen geführt («Prager Blutgericht»). Ausserdem übernahm er am selben 18. Januar, an dem der Konsortiumsvertrag unterzeichnet wurde, den Vorsitz der «Confiscations-Commission», die für die Enteignung und den Verkauf der Rebellengüter zuständig war. Durch den Kauf solcher Herrschaften konnten Karl und sein  Bruder Gundaker, aber auch Wallenstein ihren Landbesitz in Mähren und Böhmen wesentlich vergrössern.

Schon im Frühjahr 1622 zeitigte die Münzmanipulation und Geldmengenausweitung inflationäre Wirkungen. Die steigenden Preise trugen zur grassierenden Wirtschafts- und Hungerkrise bei. Kaiser Ferdinand verzichtete im Frühjahr 1623 auf eine Verlängerung des Vertrags, nahm im Dezember eine massive Abwertung des Umlaufgeldes vor und sah sich gezwungen, den Staatsbankrott zu erklären.

1623 von der Wiener Hofkammer gegen Karl von Liechtenstein eingeleitete Ermittlungen blieben ergebnislos. Weitere Schadenersatzverfahren richteten sich nach Karls Tod gegen dessen Sohn Karl Eusebius. 1655 zahlte Karl Eusebius auf dem Vergleichsweg eine Million Gulden an die Hofkammer und 1665 nochmals 275 000 Gulden. Diese erst 1681 endgültig beendeten Prozesse dürften zur langen Verzögerung der Aufnahme des Hauses Liechtenstein in den Reichsfürstenrat beigetragen haben.

Zur Abbildung: Praxis der Münzverschlechterung zur sogenannten «Kipper- und Wipperzeit»: Der Begriff bezieht sich auf das Aufspüren («Wippen») und Aussondern («Kippen») guter Münzen. Diese wurden dann eingeschmolzen und unter Zugabe von Kupfer oder Blei in neues Geld mit altem Nominalwert, aber geringerem Feingehalt umgemünzt. Darstellung vermutlich aus dem 17. Jahrhundert (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kipper_und_Wipper.jpg). Das Prager Münzkonsortium war ein Höhepunkt der «Kipper- und Wipperzeit».

Lesen Sie dazu den folgenden Artikel:
Liechtenstein, Karl I. von

 

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